22. April 2014 – in die Freiheit von Tembak

 

... endlich war der Tag gekommen, an dem fünf der Orang Utans aus dem SOC zurück in die Waldkronen des Ribang Ayau Waldes in Tembak konnten. Tembak ist ein Dayak Dorf, wo die Traditionen noch hochgehalten werden. Natürlich hoffen wir, kündrif so viele wie möglich dort unterbringen zu können.

In Tembak lernen die Orang Utans all die Gerüche, den Nestbau und schließlich ihre eigenen Kräfte einzusetzen.

 

Diejenigen unter euch, die unsere Aktivitäten verfolgten in der Vergangenheit, wissen, wie viel Arbeit dahintersteckt. Die finanziellen Probleme, den Status des Waldes, die Palmöl-Konzerne, die medizinische Versorgung, die Wiederherstellung der Infrastruktur, neue Mitarbeiter schulen, die Beschreibungen für jeden einzelnen Orang Utan....

 

Am letzten Dienstag war es endlich soweit. Wir konnten die Transportkisten in die von der Forstverwaltung gemieteten Autos verfrachten, die vor dem SOC Büro parkten. Alle Tiere spürten die Aufregung, die langsam um sich griff.

 

Auch ein deutsches Filmteam mit Frank Elstner arbeitete fleißig mit, filmte und half, den Stress der Tiere möglichst gering zu halten.

Der erste Orang Utan, der transportiert werden sollte, war Mamat. Für mich war das sehr ergreifend, weil es so symbolisch war. Die Geschichte Mamats, seine Ankunft in Sintang... all das könnt ihr in dem clip weiter unten sehen:

 

Als erstes setzte ich mich zu Mamat, der seine Arme und Beine langsam streckte. Als er sah, dass ich vor seinem Käfig saß, kam er sofort zu mir, steckte die Arme durch die Gitterstäbe, und hielt mein Gesicht, sodass wir einander in die Augen sehen konnten. Als ich das Wort „Schlüssel“ erwähnte, fiel sein Blick sofort zum Büro und als nächstes hantierte er auf dem Schloss seines Käfigs herum, so als wollte er es öffnen. Offensichtlich hat er einiges mehr gelernt hier in Sintang als „nur“ klettern. Die Türe öffnete sich und sofort streckte er mir seine Arme entgegen, sogar die vielen Menschen um uns waren ihm schlicht egal. Der Transportkäfig, so glaubte er, würde ihn wieder in die „Schule“ bringen, und er ließ mit sich geschehen. Sein Vertrauen und seine Neugierde, was jetzt nun passieren würde, war überwältigend.

 

Als nächstes kamen Jojo und Momo dran. Die beiden machten ein bisschen Probleme, weil sie plötzlich zu streiten begannen, aber die vielen guten Früchte und Blätter im Transporter ließ sie wieder zur Ruhe kommen und einfach das Treiben rundherum beobachten.

Dann kam Joy, unser nervöses kleines Mädchen, das immer ihren Kopf gegen die Gitterstäbe des Käfigs schlug, jedoch eine begeisterte und großartige Kletterin im Wald ist.

Letzter war Beno, der sanfte männliche Orang Utan mit dem dicken, glänzenden Fell. Es sieht toll aus, lässt aber darauf schließen, dass er weniger aktiv als andere Orang Utans ist, die sich ihre Haare beim Herumtollen abbrechen.

 

Die mittlerweile ziemlich schweren Käfige mit den gesunden Orang Utans wurden von vier Männern getragen, ein paar letzte Bilder wurden gemacht, und ich stieg zu Pak Hadiat, dem Leiter des „Sintang Wald/Umweltschutz-Büros“ ins Auto. Wenn alles gut geht, sollten es cirka drei Stunden Fahrt sein nach Tembak. Die Straßenbedingungen stellten sich jedoch als katastrophal heraus. Die Palmölindustrie tut ihr Möglichstes, um die Straßen zu Schlammgruben werden zu lassen.

 

Während der Fahrt waren die Orang Utans völlig entspannt, sie hatten keine Probleme mit dem Gerumpel. Wir hielten ein paar Mal, um uns zu überzeugen, dass alle wohlauf sind, und um sie mit ein paar Snacks und Wasser zu versorgen.

Joy und Mamat waren beide Opfer der Pamölindustrie, so war diese Fahrt auch von einiger Symbolkraft.

 

Dann kamen wir zu der Straße, die zu den Dayak Dörfern führt. Diese Straße wird absichtlich in schlechtestem Zustand belassen, um die Menschen zu zermürben, sodass sie irgendwann ihr Land aufgeben und absiedeln. Palmölkonzerne warten...

Das Auto des Forstamtes konnte die Straße nicht passieren, so mussten wir die Käfige in das einzige Auto umladen, das in der Lage war, diesen Schlamm zu durchqueren. Die zwei Kilometer waren eine echte Herausforderung für die Tiere, das Auto und uns natürlich, aber schließlich schafften wir es doch nach Tembak.

 

Als wir im Dorf ankamen, rannten alle hinter uns her, und bei der Kirche warteten bereits ein paar Menschen, die uns den Weg zur Klinik zeigen wollten. Ich trug Mamat mit seinen 24kg den Berg hinauf, die Hitze machte das nicht wirklich leichter. Momo mit 23kg und Jojo machten es ihren „Trägern“ auch nicht angenehmer. Am Gipfel des Berges angekommen, war das aber noch nicht das Ziel.

 

Bei der Klinik angekommen, erwarteten uns noch mehr Menschen, die die Orang Utans in allen Ehren empfingen. Alle Krieger und die Mädchen trugen die feierlichste Kleidung, als sie ihren Tanz aufführten, um die neuen „Bewohner“ des Tembak Dorfes begrüssten. Diese Zeremonie dauerte ziemlich lange und Jojo wurde langsam ungeduldig, so mussten wir ihn und Momo in ihre Behausungen im Tembak Wald bringen.

Im Gegensatz dazu beobachtete Mamat das Treiben mit großem Interesse.

 

Zusammen mit Frank Elstner, Dr. Matthias Reinschmidt und der Filmcrew ging es dann aber auch für Mamat in den Wald. Meine „Vorhersage“, dass Mamat zwar in die Bäume klettern wird, aber sofort wieder zu mir herunterkommen wird, bewahrheitete sich. Ich bilde mir ein, dass ich ein paar Tränen in Franks Augen sah....

Er war überglücklich, bei diesem Erlebnis dabei gewesen zu sein. Aber es sah nach Regen aus, und so musste er mit der Crew zusehen, dass er bald die Rückreise nach Sintang antreten konnte. Tatsächlich blieb ihr Auto später für zwei Stunden im Schlamm stecken.

 

Ich blieb in Tembak, um den Bewohnern dort zu erklären, dass die Orang Utans nicht hier sind, um die Menschen zu unterhalten, und ich bat sie, respektvoll Abstand zu halten; die Regeln der Klinik müssten eingehalten werden.

Ich blieb noch ein Weilchen bei Beno und Joy, und später dann endlich, eine Dusche im Haus von pak Nayau.

Die Nacht war kühl, und der Reiswein tat sein Übriges, um gut schlafen zu können.

Am nächsten Tag stand noch ein Meeting an, bei dem über die Illipe Nuss Fabrik gesprochen wurde. Diese Frucht wird u.a. als Alternative zu Palmöl verwendet. Sie wächst im Regenwald, und bietet den Eingeborenen hier eine Einkommensquelle. In Tembak steht auch die Fabrik, die die Illipe Nuss verarbeitet. (dazu später mehr!)

 

Nach dem Frühstück ging´s wieder zurück zur Klinik und den Orang Utans. Wir nahmen Jojo, Momo, Mamat, Beno und Joy und brachten sie wieder in den Wald. Die konnten vielleicht klettern!! Innerhalb von Minuten war Mamat bereits 30 Meter in der Höhe. Beno zog es vor, sich da oben einen Aussichtspunkt zu suchen und die Gegend zu erkunden. Die beste Kletterin war allerdings Joy. Dieses Orang Utan Mädchen, das jahrelang in der prallen Sonne auf einem Müllhaufen gelebt hat, fing bereits an, sich ein Nest zu bauen!

 

Schließlich musste ich weiter, nach Belimbing, in den Süden des Saran Waldes, wo unsere Orang Utans schließlich einmal in Frieden leben sollen, fernab von Menschen und Zivilisation. Wieder einige Zeremonien, wieder ein paar Gespräche zu führen, aber am Abend dann, zurück in Sintang, war ich müde, aber zufrieden mit dem, was wir gemeinsam geschafft haben.

 

An dieser Stelle möchte ich mich bei allen bedanken, die dieses Projekt möglich gemacht haben: Orangutan Rescue, Adrie Bontekoe, Ecowarriors, Willy can Mensvoort, Liesbeth und so viele mehr, ich kann sie gar nicht alle aufzählen hier. Danke, dass ihr an uns glaubt. Pater Jacques, Dudung und ich halten euch auf dem Laufenden!!

Willie Smits 24.4.2014

 

 

(Original hier nachzulesen: http://masarang.hk/2014/04/22/april-22nd-2014-the-tembak-orangutan-release/)