Dies ist die Geschichte von zwei besonderen Orangutans, die nicht in Sintang aufgenommen wurden, sondern auf der Station "Masarang´s Tasikoki Wildlife and Rescue Center".

Die beiden Tiere haben eine lange Reise hinter sich, die ich meinen Lesern nicht vorenthalten möchte. Die Masarang Foundation ist ja das "Head Quarter" einiger Projekte unter der Leitng von Dr. Willie Smits, und Tasikoki ist eine Auffangstation, die nur diese beiden Orangutans beherbergte. Dort werden angefangen von Makaken über Vögel, Krokodile, und alles, was Hilfe benötigt, aufgenommen.

Den Originaltext dieses Blogs kann man hier auf Englisch lesen.


Die lange reise heim nach borneo

Dies ist die Geschichte von zwei meiner guten Freunde Bento und Is. Sie sind Orangutans, und ja, sie sind tatsächlich meine Freunde. Was die beiden durchgemacht haben, ist wirklich eine traurige Geschichte, aber leider sind sie damit ja nicht alleine. Viele ihrer Artgenossen hatten es noch wesentlich schwerer. Aber was macht gerade ihre Reise so besonders? Es ist das, was ihre künftigen Erfahrungen hoffentlich repräsentieren werden. 

Sie sind die ersten von rund 150 männlichen Orangutans, wie wir hoffen, retten zu können. Orangutans, die sonst realistischer Weise keine Hoffnung auf ein besseres Leben ohne Gitterstäbe haben.

 

Wo sind diese Orangutans und warum besteht keine Hoffnung? Lassen Sie mich unseren Plan erklären und warum wir hoffen, diesen Geschöpfen helfen zu können.

Orangutan Babies sind sehr süß und sehr schutzbedürftig und deshalb sehr rasch an Menschen gewöhnt und gebunden und können deshalb sehr leicht in unsere Hände geraten. Weibliche erwachsene Tiere sind ein wenig unberechenbar aber nicht so stark wie ihre männlichen Artgenossen, besonders nicht wie die mit den großen Wangebacken. Diese wiegen meist das Doppelte von den männlichen Tieren, die hormonell nicht so gut ausgestattet sind.

Es gibt viele dieser Giganten, die von Menschen gerettet werden sollten. Lassen Sie mich sagen, die Ergebnisse waren "nicht sehr zufriedenstellend". Da der Erfolg enden wollend war, auch deshalb, weil diese Tiere über immense Kräfte verfügen, warten nun viele männliche "Cheekpadders", wie wir sie nennen, nun in extra starken, aber viel zu kleinen Käfigen in verschiedenen Auffangstationen auf ihren "Weg zurück ins Leben". Manche Zoos haben ebenfalls so ein starkes männliches Tier in Gefangenschaft. Die Orangutans, die man in Zoos besuchen kann, sind meist weibliche oder jugendliche Tiere.

 

Ich persönlich habe unzählige Stunden mit sicher hundert solchen Giganten verbracht und ich weiß genau, warum sie leiden. Die Orangutans wissen genau, in welch prekärer Situation sie sich befinden und sie bitten mich, ihnen zu helfen. Und bis heute konnte ich nur bei ihnen sitzen und ihnen "zuhören", ihnen in ihre Augen sehen, das Fenster zu ihrer Seele. Manchmal teilen wir Essen miteinander, manchmal massiere ich ihre Backen oder ich kratze ihren Kopf oder den Rücken. Aber ich muss sie jedesmal wieder verlassen. Und sie wissen das. 

Und nun möchte ich etwas versuchen, das zweifellos manche Menschen "nicht erfreuen" wird, aber ich denke, ich schulde meinen Freunden etwas. Eine Chance, zurück in die Regenwälder zu kommen. Wie? 

Auf einer großen, sicheren und bewaldeten Insel zusammen mit anderen männlichen Riesen ihrer Art.

 

Prinzipiell sind Orangutans sehr friedvolle Wesen. Aber diese großen Orangs mit ihren großen Backen geraten sehr oft in starke Kämpfe, wenn es um Konkurrenz wegen weiblicher Tiere geht. Es kommt auch vor, dass einer der Kontrahenten stirbt. Meistens ist es aber so, dass der Verlierer tatsächlich wieder "schrumpft", einschließlich seiner Backen, die auch wieder zurückgehen. Es wird also auch riskant sein, diese Männer zusammenzubringen. 

Denn - sie kämpfen auch um Frauen! Die Geschichten der Dayaks sind keine Märchen. So müssen wir jeglichen Grund für einen Konkurrenzkampf von vorne herein ausschließen.

 

Das bedeutet, wir brauchen sehr viel Platz mit Barrieren und Sichtschutz, wenn nötig, das nennt man dann einen beträchtlichen Wald. So sollten sie immer genügend Futter finden können ohne in einen Kampf geraten zu müssen. Letzten Endes vermeiden wir natürlich auch weibliche Tierpfleger oder weibliches Personal. Wir bringen sie auf diese Insel erst nach einer ausreichenden Sozialisierungsphase, die von Experten geleitet wird, aber dazu später. 

Nur soviel: Mit Leo Hulsker und Odom Kisar , die gemeinsam insgesamt 70 Jahre Erfahrung mit der Arbeit mit Orangutans, insbesonders mit den "Giganten" aufweisen, denken wir, dass wir eine sehr gute Basis legen können. 

 

Oben: das ist ein Bild von Is als er in Tasikoki war, und wir hofften, ihn nach Kalimantan in ein Rescue Center bringen zu können. 

Aber zurück zu meinen Freunden Is und Bento. (Is ist eine Kurzfassung für Iskandar, den Namen des Polizisten, der bei der Rettung half) Is war vier bis fünf Monate alt, als er von Kalimantan nach Nord Sulawesi per Flugzeug in einer kleinen Box geschmuggelt worden war. Glücklicherweise wurde das Team von Tasikoki Wildlife Rescue darauf aufmerksam und konnte gemeinsam mit den Behörden konnten sie am 30. April, Mitternacht, den Schmuggel stoppen. Die Tierhändler waren bereits auf einem Boot, und es wurde nebem dem Orangutan Baby auch noch zwei Bärenjunge und ein Gibbon Baby gefunden. Allesamt aus Kalimantan rausgeschmuggelt, auf dem Weg zu den Philippinen vom Hafen in Bitung. 

Diesen Monat erwarten wir weitere hundert Tiere, die von den Philippinen wieder zurück nach Tasikoki gebracht werden sollen. Der internationale Handel mit Wildtieren hat sich in keiner Weise gebessert. Indonesien alleine ist ein Multi-Millionengeschäft....

Oben: Bento, kurz nachdem er in Tasikoki ankam.

Bento war nicht dazu gedacht, nach Übersee gebracht zu werden. Er war drei oder vier Jahre alt, von einem Arzt nach Kalimantan gebracht, der nach Manado gezogen war. Es war genau ein Jahr nach Is´ Rettung, als uns eine Gruppe junger Schüler besuchte und einer der Burschen meinte, dass seine Familie auch so ein Tier daheim habe. Am nächsten Tag besuchten wir das Haus der Familie und fanden einen total vermenschlichten Bento. Der Arzt übergab uns das Tier, um vor einer Gerichtsverhandlung sicher zu sein. 

Bentos Schicksal wäre sehr ungewiss gewesen, wenn man sich vorstellt, dass er zu so einem Riesen herangewachsen ist.. und dann in einem Haushalt als Haustier??

Ich habe sehr oft feststellen müssen, dass Menschen die Orangutans unterschätzen, die dann irgendwann nicht "mehr süß" sind, sondern immer noch wilde Tiere.

Einmal war ich einen Tag zu spät, als wir auf einen Käfig aufmerksam gemacht wurden, wo angeblich ein Orangutan lebte. Der Gestank war höllisch. Das Tier war einen Tag zuvor von seinen "Besitzern" getötet worden und wurde einfach hinter seinen Käfig bei der großen Villa in den Bergen nahe Bogor.

Aber noch viel schlimmer war die Tatsache, dass in dem Käfig wieder ein kleiner, "süßer" Orangutan saß. Neben der Leiche seines Artgenossen. Im selben Käfig!

Manchmal hasse ich Menschen so sehr, dass ich froh bin, den "Eigentümer" nicht getroffen zu haben, denn ich bin mir nicht sicher, ob ich hinter den Linien bleiben hätte können.

Bento und Is wurden also gemeinsam in einen Käfig gebracht, aber sie durften auch in den nahegelegenen Bäumen spielen gehen, wo ich mit ihnen gemeinsam Zeit verbringen durfte. Das Bild oben wurde vor ca. 13 Jahren gemacht.

Als die beiden größer wurden, war kein Auffangcenter bereit, sie aufzunehmen, weil sie so stark geworden waren, und so viele andere Tiere deren Hilfe benötigten. Die Unterbringung war eine zu große Herausforderung für alle, auch finanziell. So bauten wir größere Käfige, aber den beiden Männern gelang es jedesmal, die Stäbe zu brechen, und auszubüchsen, was ihnen auch als Ehre zuteil wurde in den großen Zoos dieser Welt - als die besten Ausbrecher unter den wilden Tieren. 

Später entwickelte Bento als erster die größeren Backen und Is war logischerweise der Rangniedrigere. Aber Is wuchs und die beiden entwickelten einen Konkurrenzkampf, machmal nur Wrestlingkämpfe, aber mit den Jahren wurden diese ernster. Keine der Anstrengungen von Simon Purser, dem damaligen Manager von Tasikoki, konnten dies verhindern. 

Nicht einmal Videos von anderen Orangutans, die wir aus aller Welt zusammen sammelten, halfen, und so mussten wir die beiden separieren, als auch Is seine großen Backen bekam.

 

Die Charakterzüge der beiden sind sehr verschieden und ich könnte ein Buch über all ihre Abenteuer schreiben, aber ich will zurück kommen zu ihrer Reise. Jahrelang bin ich auf der Suche nach Ideen gewesen, um den beiden die Chance auf ein Leben im Regenwald zu geben, so wie auch Romeo, Bujang, Papa und vielen anderen.

Als ich Hashim Djojohadikusumo traf und gebeten wurde, ein großes Wiederaufforstungsprojekt in Ost Kalimantan zu starten, begann meine Idee Früchte zu tragen. Er war ein Tierliebhaber und durch seine Umweltorganisation wurde es mir möglich gemacht, eine große Unterbringung für die Giganten zu bauen. Leo Hulsker, ein langjähriger Freund von mir und den Orangutans erstellte ein Design, das nun Teil des Arsari Orangutan Sancuary´s ist.

Schließlich im Oktober war es soweit: eine brandneue Orangutan Klinik in Kalimantan, ein Sozialisierungs-Gehege und Zugang zu verschiedenen bewaldeten Inseln, hunderte von Hektar groß...

Billy Lolowang und Simon Purser luden den speziell angefertigten Stahlkäfig auf den Truck, der tagelang zum Hafen von Palu, Zentral Sulawesi unterwegs sein würde. Die Fähre brachte ihn dann Balikpapan, um die letzten paar Stunden zur Arsari Orangutan Sanctuary zu gelangen. Die folgenden Bilder geben die besten Eindrücke.

Der Transport war sehr anstrengend, wie man unschwer erkennen kann, und auch sehr stressig für Is und Bento. Aber es war bemerkenswert, wie schnell sich die Menschen als auch die Tiere erholt hatten. 

Wir hätten uns sehr gewünscht, dass die Indonesische Fluglinie Garuda uns durch einen Flug von Manado nach Balikpapan ermöglicht hatte, dann wäre uns allen hier viel erspart geblieben. Aber letztlich gibt es hier jetzt eine langfristige Lösung für die Orangutans.

Bento meditiert hier in der Morgensonne
Bento meditiert hier in der Morgensonne

Ich habe erst kürzlich von diesem Comic Buch erfahren, das von einer Holländischen Freundin von mir verfasst wurde. Wilma van den Bosch. Vielleicht sollte ich ihr sagen, dass das Buch eine Fortsetzung haben wird ;-)

Nach all der Anstrengung, das Team: von rechts nach links: Odom, Leo Hulsker, Rajuli, Echa und ich). Wir werden nun Zeit brauchen, um mit Bento und Is zu arbeiten. Wir haben bereits die ersten Anzeigen von "Frieden" erkennen können, sogar, dass sie Futter geteilt haben durch die Gitterstäbe. Halten wir die Daumen!

 

Willie Smits, Arsari Orangutan Sanctuary, 9.11.2019

Quelle: Text und Bilder ®Masarang Netherlands, frei übersetzt